Vereinsarbeit und ich

Bog: Huntington und ich

"Vereinsarbeit und ich"

Die meisten Leser und Leserinnen des Huntington Kuriers sind aktive Mitglieder der Deutschen Huntington Hilfe e.V. Doch was bedeutet dieses “e.V.“ beziehungsweise “eingetragener Verein“? Sicherlich sind einige Mitglieder in diesen Verein eingetreten, weil sie nach dem Gentest oder der Erkrankung eines Angehörigen von dieser Krankheit gehört haben und sich durch die Mitgliedschaft detaillierter Informationen erhofften. Oder sie haben beruflich zu dieser Erkrankung Berührungspunkte und hofften ebenso auf umfangreiche Informationen oder Erfahrungsaustausch.

Tatsächlich bin ich bald zehn Jahre Mitglied in der Deutschen Huntington Hilfe e.V. und im September 2023 das erste Mal auf einer Mitgliederversammlung gewesen. Sicherlich ist dieser Umstand nicht bei allen Mitgliedern zutreffend. Trotzdem habe ich mich gefragt, warum bei etwa 2.000 Mitgliedern nur knapp 100 Mitglieder in Hannover anwesend waren?

Für mich kann ich diese Frage für die letzten Jahre natürlich beantworten: Zu viel Arbeit und keine Zeit, falscher Zeitpunkt, ich kennen da ja niemanden, was soll ich denn da? Hannover ist so weit …!
Durch die Hygge-Gruppe lief es dieses Jahr anders für mich. Mitte des Jahres wurde gefragt, wer aus der Gruppe teilnehmen würde. Somit entfiel Antwort drei (Ich kenne da niemanden) in diesem Jahr. Außerdem wollte ich mich, aufgrund meiner geänderten beruflichen Situation, mehr bei der DHH engagieren und ließ mich als Kandidatin “Vertreterin der Menschen mit der Huntington-Mutation“ bei der Mitgliederwahl aufstellen.

Also bin ich dieses Jahr zur Mitgliederversammlung in Hannover gereist. Ich war natürlich sehr aufgeregt. Würde ich als Vertreterin gewählt werden und somit zum Beirat gehören? Auf wen würde ich bei der Veranstaltung treffen? Würde mit der Anreise per Bahn alles glatt laufen? Ich denke, das sind die üblichen Gedanken, wenn man etwas Neues wagt. Was soll ich sagen: Es war toll! Trotz aller Herausforderungen, auch bedingt durch meine Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Urlaubverschiebung etc. kann ich diese Veranstaltung guten Gewissens weiterempfehlen.

Was in mir allerdings noch ziemlich nachhalte war die Tatsache, dass ich bereits einige Jahre Mitglied bin und erst in diesem Jahr das erste Mal auf einer Mitgliederversammlung war. Denn damit bin ich Teil eines bedauerlichen Trends in Deutschland. Trotz Anstieg bei der Anzahl der Vereine (1972 ca. 120.000 Vereine, 2022 ca. 600.000 Vereine) sinkt die Anzahl der Mitglieder pro Verein.

Karitative, humanitäre, Umwelt- oder Tierschutzvereine stehen vor der Herausforderung für die Vereinsaufgaben engagierte Mitglieder zu gewinnen. Besonders beliebt in Deutschland sind Sportvereine. Hier verbringt jeder Fünfte seine Freizeit. Auch mein Mann ist Mitglied in unserem hiesigen Sportverein bzw. wir haben eine Familienmitgliedschaft. Und doch sehe ich mich persönlich nicht als Mitglied im Sportverein. Woran das liegt?

Mein Mann geht regelmäßig zum Training, steht bei Spielen auf seiner Position als Torwart und unterstützt hin und wieder bei Aufräumarbeiten. Die Gemeinsamkeit der Mitglieder ist die Begeisterung für Sport und im speziellen für Fußball. Der Verein verbindet Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Seniorinnen und Senioren gleichermaßen. Natürlich sind die Interessen abgesehen vom Sport unterschiedlich. Auch dieser Verein hat Schwierigkeiten passende Trainerinnen oder Trainer und Vorbilder für die Junioren zu finden, am Wochenende genug Spielerinnen und Spieler auf den Platz zu bringen und die Seniorinnen und Senioren für Neuerungen zu begeistern. Bei den Mitgliederversammlungen werden meistens dieselben Personen jedes Jahr wieder gewählt und bei Festen stehen immer die gleichen Kuchen zum Verkauf. Veränderungen oder Innovationen einzubringen gestaltet sich meistens als schwieriges Unterfangen.

Das Fundament eines jeden Vereins sind die Mitglieder, die sich engagieren. Diese trifft man auch regelmäßig auf den Vereinsveranstaltungen. Wenn viele Mitglieder sich engagieren, bekommt der Verein ein krisensicheres Fundament. Durch den Austausch auf diesen Veranstaltungen realisiert man, was für ein umfangreiches Portfolio an Wissen und Erfahrungen die Mitglieder in den Verein bringen. Durch das Netzwerken können wir gemeinsam die Arbeit der DHH noch besser machen. In unserem Verein gibt es zahlreiche Fachleute für wichtige Frage in verschiedenen Situationen.

So gibt es Fachleute für rechtliche Fragen, weil sie früher als Rechtspfleger tätig waren. Oder sie kennen sich mit den Formulierungen von medizinischen Gutachten für Pflegegradeinstufungen aus, weil sie beim MDK gearbeitet haben. Oder sie kennen sich mit steuerlichen Rechtslagen aus, weil sie bei der Caritas gearbeitet haben. Wenn wir uns also besser kennen, können wir auch besser mit den Herausforderungen des Lebens umgehen. Schließlich kann nicht jeder alles wissen. Es braucht Menschen, die sich bereits ähnlichen Herausforderungen gestellt haben oder die den Kontakt zu den Fachleuten herstellen.
Und was ist dein Beitrag zum Fundament der Deutschen Huntington-Hilfe e.V.?

Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Jahr 2024!

Eure Doris

November 2023

PS: Schreibt mir gerne an doris@dhh-ev.de