Bucketliste und ich

Als ich vor einiger Zeit mit unseren Münchner Freunden telefonierte, meinte er, ich wäre nur noch unterwegs. In meinem WhatsApp Status sind nur noch Bilder, wo ich am Meer, am See, in den Bergen oder an einem Fluss bin. Tatsächlich war ich dieses Jahr ein wenig mehr als sonst unterwegs. Allerdings habe ich den Rhein bei uns am Wohnort und bin zu Fuß in fünf Minuten an einem Baggersee. Dadurch kann man den Eindruck bekommen, dass ich nur unterwegs bin. Dabei versuche ich mir meine Zeit und die Wochenenden nur einzuteilen, meine Zeit für mich sinnvoll zu nutzen.

Bei diesem Telefonat habe ich ihm auch von meiner Bucketliste erzählt. Er kannte den Begriff nicht, was mich ziemlich überraschte. Meine persönliche Bucketliste begleitet mich mittlerweile schon seit einigen Jahren. Bedingt durch meinen positiven Gentest hat sie sich zwar im Laufe der Zeit etwas verändert, aber grundsätzlich hatte ich schon immer eine. Der Begriff „Bucket List“ stammt vom Englischen „kick the bucket“. Das bedeutet auf Deutsch so viel wie „den Löffel abgeben“. Seinen Ursprung hat diese Bezeichnung in der englischen Redewendung „to kick the bucket“, die sich vermutlich einen sehr alten katholischen Brauch bezieht, bei dem den Verstorbenen Weihwasser aus einem Bucket (Eimer) auf die Füße zu spritzen. Heute wird die Redewendung wie unser „ins Gras beißen“ oder „den Löffel abgeben“ verwendet. Daher wird die Bucket-Liste auf Deutsch auch „Löffelliste“ genannt. Sie enthält alle wichtigen Dinge oder Ziele, die man vor seinem Tod noch erreichen möchte.

Für mich waren das früher die Klassiker wie eigene Wohnung, Heiraten, Kinder bekommen und Haus bauen. Durch meinen positiven Gentest ist der Punkt Kinder bekommen für mich persönlich entfallen. Dafür sind andere Ziele dazugekommen. Beispielsweise möchte ich alle Leuchttürme der deutschen Nord- und Ostsee live gesehen haben. In unserem Flur hängt ein entsprechendes Poster, bei dem ich schon einige grüne Punkte aufkleben konnte, bei den Leuchttürmen, die ich gesehen habe. Außerdem möchte ich irgendwann auch auf allen Inseln der Nord- und Ostsee gewesen sein. Bei den ostfriesischen Inseln fehlen mir nur noch zwei.

Aber zurück zum Telefonat…Mein Freund war sehr erstaunt über meine Bucketliste oder Löffelliste und meinte, dass er sowas nicht hätte. Da war ich anderer Meinung. Fast jeder kennt doch diese Aussagen wie „Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann werden wir wieder mehr Konzerte besuchen.“, „Wenn die Kinder auf eigenen Beinen stehen, dann machen wir eine Kreuzfahrt.“ Oder „Wenn wir in Rente sind, dann verkaufen wir alles und fahren mit dem Wohnmobil durch Deutschland.“. Und dann kommt doch alles anders. Meine Mutter war 52 Jahre alt als sie 2009 gestorben ist (bevor sie Huntington Symptome hatte) und mein Vater war 65 Jahre alt letztes Jahr, als er starb. Es war vier Wochen, bevor er Rente bekommen wäre. Er hatte Leistenkrebs.

Also warum schiebt man seine Wünsche und Träume immer so weit weg. Man sollte das Leben jetzt genießen. Natürlich ist das nicht immer so einfach, wie es sich jetzt vielleicht anhört. Manchmal fehlen auch die finanziellen Mittel. Aber auch hierfür gibt es manchmal Mittel und Wege. Nicht immer steht glücklich sein im Zusammenhang mit viel Geld. Ich habe mir zum Beispiel während des ersten Corona Lockdown 2020 Bücher aus der Buchreihe „Glücksorte in (Region)“ gekauft. Da wir immer am Wochenende irgendwo draußen unterwegs sind, konnte ich unsere bekannten, ausgetrampelten Wege nicht mehr sehen. Mein Kopf wollte neue Eindrücke und Orte entdecken. Allerdings war zu dieser Zeit alles geschlossen, wo wir sonst noch ausgewichen sind (beispielsweise Kino, Shoppen, Schwimmbad, Zoo, etc.). Deshalb habe ich mir zuerst zwei Bücher dieser Buchreihe aus unserer Region gekauft. Mit diesen konnten wir so viele tolle und unbekannte Orte entdeckten, zu denen wir sonst nicht gefunden hätten. Dazu brauchte es nicht viel Geld. Meistens haben wir nur einen Rucksack mit Proviant gepackt und sind los.

Mittlerweile sind noch einige andere Regionen dazugekommen bzw. habe ich auch schon einige Exemplare an andere verschenkt. Jetzt geht es mir nicht darum diese Buchreihe zu pushen. Stattdessen möchte ich Impulse geben, was zum Beispiel auf eine Löffelliste kann. Auch wenn man bereits starke Symptome hat, kann man ein paar Wünsche immer noch erreichen. Es gibt vom ASB einen Wünschewagen, der schwerstkranken Menschen in ihrer letzten Lebensphase besondere Wünsche erfüllt. Das kann ein Stadionbesuch beim Lieblingsverein sein, nochmal ein Konzert besuchen oder eine Reise ans Meer. Dafür sollte man allerdings wissen, was die besonderen Wünsche sind. Genau dafür eignet sich dann die Löffelliste. Wer möchte kann sich als Inspiration auch den 2007 erschienenen Kinofilm „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Jack Nicholson und Morgan Freeman ansehen. Dann wisst ihr auch, wie der besondere und teure Kopi-Luwak-Kaffee hergestellt wird. Also verschiebt nicht alles auf irgendwann, sondern schreibt eure Wünsche auf und setzt sie um. Der Mensch braucht Ziele im Leben, auch daraus kann man Kraft und Lebensmut schöpfen.

Eure Doris

Juli 2022

PS: Ich bin ab jetzt auch per E-Mail erreichbar. Schreibt mir gerne an doris@dhh-ev.de - ich freue mich von Euch zu hören.