Kinder und ich
In letzter Zeit fliegen meine Gedanken immer wieder zum Thema Kinder. Vielleicht, weil mich auf der Arbeit täglich Kinder umgeben?
Ich war schon immer sehr kinderlieb und Kindern zugewandt. Eventuell strahle ich auch etwas sehr kinderfreundliches aus. Ob wir auf Familienfeiern oder anderen Veranstaltungen waren, es dauerte nicht lange und fast alle Kinder scharrten sich um mich. Ich malte gerne mit ihnen, baute mit Blauklötzen oder wir spielten Cowboy und Indianer – abhängig davon, wo wir waren und welche Mittel wir zur Verfügung hatten. Wie viele andere weibliche Wesen hatte auch ich für mein Leben mal die typischen Pläne wie Beruf, Hochzeit, Haus und Kind. So lernte ich recht früh meinen heutigen Mann kennen. Wir dürfen sogar eine Wohnung unser Zuhause nennen. Aber das Thema Kinder schob ich etwas vor mir her. Schließlich wollte ich beruflich noch Karriere machen. Allerdings wird man älter und das Leben prüft uns mit Ereignissen, die eigentlich so nicht in unserem Plan vorkommen. Mittlerweile frage ich mich, ob meine innere Stimme etwas geahnt hat.
So musste auch ich mich mit Ereignissen auseinandersetzen, die mich viel Kraft kosteten. Vor vier Jahren bemerkte ich kleine Veränderungen bei mir. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit großen Schritten auf das nächste Lebensjahrzehnt zuschreite, die mich aber über Umwege zur genetischen Untersuchung führten. Ich muss dazu sagen, dass meine Großmutter an Huntington erkrankt war. Damals gab es jedoch in unserer Familie nur wenige Informationen über die Krankheit der Großmutter. Meine Mutter ist verstorben, bevor die Krankheit zum Vorschein kam bzw. diagnostiziert werden konnte. Da stand ich nun mit dem positiven Testergebnis und meinem ursprünglichen Plan vom Leben. Ich glaube, es macht nochmal einen Unterschied, ob man sich bewusst entscheidet keine Kinder zu bekommen oder ob man keine Kinder bekommen kann. Ich habe diese Entscheidung bewusst getroffen und halte daran auch nach wie vor fest. Für mich war das positive Ergebnis das Zeichen des Schicksals, keine Kinder zu bekommen.
Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten “Kinder zu haben“, wenn man unbedingt will. Ich hätte allerdings viel zu viel Angst, dass selbst mit einer gesunden Eizelle bei der Schwangerschaft, der der Geburt etwas schief gehen kann. Außerdem, wer weiß, welche Gene mein Mann mitgeben würde. Auch das Thema Adoption oder Pflegekind war für mich nie eine Option. Wie oft habe ich in der Vergangenheit schon Sätze gehört, wie: Du bist nicht meine richtige Mutter! Auch möchte ich nicht, dass meine Kinder mitansehen müssten, wie diese Krankheit mich vielleicht irgendwann auffrisst. Natürlich versuche und hoffe ich, dass es nicht soweit kommt. Schließlich stirbt die Hoffnung zuletzt.
Ihre Doris
April 2019