Huntington-Konsortium

Konsortium für die molekulargenetische Diagnostik bei der HK

Das „Konsortium“ ist ein Zusammenschluss der Labors, die die molekulargenetische Diagnostik bei der HK durchführen und sich den Internationalen Richtlinien zur Durchführung dieser Diagnostik verpflichtet fühlen. Vertreter der Huntington-Selbsthilfe nehmen an den Sitzungen des Konsortiums teil. In ein- bis zweijährigem Rhythmus finden Sitzungen statt, an denen aktuelle Fragen und Probleme diskutiert werden.


Einmal jährlich wird ein Ringversuch zur Qualitätssicherung der molekulargenetischen Diagnose bei der HK durchgeführt. Dazu erhalten alle Mitglieder Blutproben, die auf das Huntington-Gen untersucht werden. Die Ergebnisse werden verglichen und Unterschiede oder Übereinstimmung festgestellt.


Bei der Sitzung des Konsortiums am 25.02.2005 wurden die Ergebnisse des letzten Ringversuches dargestellt. 29 Labore haben teilgenommen. Es wurde festgestellt, dass der Standard im Ringversuch immer besser wird.
Ein Fall kommt zur Diskussion, der die Huntington-Familien besonders trifft: Es handelt sich um zwei sechs Jahre zurückliegende prädiktive Diagnosen. Im einen Fall wurde die ratsuchende Person als Anlageträger für die HK identifiziert und verzichtete daraufhin im Rahmen der Familienplanung auf Kinder. Im zweiten Fall wurde die ratsuchende Person als Nichtanlageträger identifiziert, der Kinderwunsch wurde daraufhin realisiert. Nach einigen Jahren entwickelte die zweite Person Symptome der HK. In der Folge stellte sich heraus, dass es zu einer Probenverwechslung gekommen war. Im Labor waren im „Bluteingangsbuch“ zweimal falsche Nummern zugeordnet worden.


Im Rahmen der Sitzung wurde diskutiert, wie das Risiko einer Probenverwechslung minimiert werden kann. Da immer zwei Proben für die gleiche Person untersucht werden, werden folgende Möglichkeiten zum Vorgehen bei der Huntington-Diagnostik vom Konsortium empfohlen:


1.      Um Fehler bei der Blutentnahme zu vermeiden, sollten in Praxen, Kliniken usw. zu vermeiden, sollten die Proben 1 und zwei an unterschiedlichen Tagen abgenommen werden.
2.      Im Analyselabor werden zwei Proben getrennt aufgearbeitet. Dabei wird zunächst eine Probe eingefroren, die andere mit einem Zahlencode versehen, z. B. 2345, aufgearbeitet und ein Ergebnis erstellt. Dann wird mit Abstand die zweite Probe aufgetaut, mit dem Code 2345 versehen, aufgearbeitet und ein Ergebnis erstellt, das mit dem Ergebnis der anderen Probe identisch sein muss.
Es wird festgestellt, dass solche menschlichen Fehler leider nicht auszuschließen sind, dass jedoch alles getan werden soll, um sie zu minimieren.
Um unseren Mitgliedern die Rahmenbedingungen für den Ablauf der prädiktiven molekulargenetischen Diagnostik bei der HK noch einmal zu verdeutlichen, gebe ich die verkürzte Darstellung der Internationalen Richtlinien aus dem Informationsblatt des Konsortiums wieder.
1.      Die prädiktive DNA-Diagnostik kann nur im Rahmen einer genetischen Beratung durch einen Facharzt für Humangenetik, einen Arzt mit der Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik oder in einer genetischen Beratungsstelle erfolgen. Eine Adressenliste dieser Ärzte erhalten Sie vom Berufsverband für medizinische Genetik oder bei den Selbsthilfeorganisationen (z. B. bei der DHH).
2.      Im Beratungsgespräch wird eine Eigen- und Familienkrankengeschichte erhoben. Die Ratsuchenden werden über die Krankheit und deren Erbgang umfassend informiert. Möglichkeiten und Konsequenzen der molekulargenetischen Diagnostik werden den Ratsuchenden erläutert. Eine „aktive“ Beratung, d.h. gesunde Familienmitglieder werden gegen ihren Willen über das Erkrankungsrisiko informiert, wird abgelehnt.
3.      Neben der genetischen Beratung führen die Ratsuchenden vor der Blutabnahme mehrere Gespräche mit Ärzten oder Psychologen, die mit der Huntington-Krankheit vertraut sind. Dieser psychotherapeutische Betreuer sollten auch nach Abschluss der Diagnostik für weitere Gespräche zur Verfügung stehen. Zusätzlich können sich die Ratsuchenden eine Vertrauensperson wählen, die sie während der Vorbereitungsphase und der Diagnostik, bei der Befundmitteilung und auch danach begleitet. Dabei kann es sich z. B: um den Partner, einen guten Freund, einen Geistlichen oder einen Arzt handeln.
4.      Eine ausreichende Bedenkzeit zwischen genetischer Beratung und dem Entschluss, eine DNA-Diagnostik in Anspruch zu nehmen, sollte gewährleistet sein. Vor der Untersuchung der Blutprobe der Risikoperson muss der psychotherapeutische Betreuer bestätigen, dass er sich in den geführten Gesprächen überzeugt hat, dass eine prädiktive Diagnostik von dem Ratsuchenden gewünscht wird. Außerdem soll er bestätigen, dass der Ratsuchende auf eine ungünstige Befundmitteilung vorbereitet ist.
Die DANN (Erbsubstanz) aus eine EDTA-Blutprobe (EDTA = Zusatzstoff, der Blut ungerinnbar macht) eines an der HK bereits erkrankten Familienmitgliedes sollte nach Möglichkeit vorab oder parallel untersucht werden, um die Diagnose der Huntington-Krankheit in der Familie zu sichern, d. h. die Vermehrung der CAG-Repeats sollte bei dem Betroffenen nachgewiesen werden. Um Verwechslungen bei der Untersuchung der Blutprobe der Risikoperson auszuschließen, sollen möglichst zwei Blutproben (2-mal 10 ml EDTA-Blut) getestet werden.
5.      Dem Ratsuchenden wird das Ergebnis in gemeinsamem Gespräch mit dem genetischen Berater und im Beisein des psychotherapeutischen Betreuers sowie der vom Ratsuchenden benannten Vertrauensperson mitgeteilt. Das Labor, das die Untersuchung durchführt, sollte dem Berater die DNA-Ergebnisse erst kurz vor dem Zeitpunkt mitteilen, zu dem die Risikoperson sie erfahren soll.
6.      Nach Mitteilung des Ergebnisses sollte eine Nachbetreuung durch den psychotherapeutischen Betreuer und/oder den genetischen Berater sichergestellt sein.
7.      Der Ratsuchende kann jederzeit erklären, dass er an der Fortsetzung der Untersuchung bzw. an der Befundmitteilung nicht mehr interessiert ist. Auf ausdrücklichen Wunsch des Ratsuchenden kann ihm seine DNA-Probe zurückgegeben werden.
8.      Informationen über das Beratungsgespräch und das Testergebnis werden an niemanden weitergegeben, es sei denn, der betreuende Arzt wird von der Risikoperson schriftlich von seiner Schweigepflicht entbunden.
Ergänzend möchte ich noch einmal betonen, dass ein Untersuchungsergebnis immer nur im persönlichen Gespräch mitgeteilt werden darf, also keinesfalls direkt an den Ratsuchenden per Telefon oder per Post.
Weitere Informationen, auch zu Pränataldiagnosen finden Sie im Informationsmaterial der DHH.


Herr Prof. Dr. Landwehrmeyer stellte den Konsortiumsmitgliedern das Europäische Huntington-Forschungsnetzwerk (EHDN) vor.


Zur Verdeutlichung dessen, was unsere Mitglieder bei der MV und Jahrestagung und aus dem Huntington-Kurier darüber bereits erfahren haben, gehe ich in einem getrennten Bericht auf das EHDN noch einmal näher ein.


Christiane Lohkamp, Mai 2005